top of page

Mauser 98 System - Zivilmauser 

Die Waffenfabrik Mauser Oberndorf a/N  (ab 1922 dann Waffenwerke AG Oberndorf a/N) begannen bereits 1867 mit der Konstruktion und dem Bau von Hinterladern mit Repetier-verschluss (Mauser-Norris-Gewehr).

Als die direkten Vorläufer des 98er Systems können die Systeme 1894/95/96 gelten. Entscheidender Unterschied zu dem dann 1898 eingeführtem 98er System war die Art der Schlagbolzenspannung. Während die Vorläufer als Schliess-spanner ausgeführt waren, war das 98er System ein Öffnungsspanner. Über eine Spannkurve wird bei der Aufwärtsbewegung des Kammer-stengels der Schlagbolzen gespannt.

Zunächst lieferte Mauser 1895 2.000 Versuchsgewehre, basierend auf dem spanischen Gewehr 1895 im Kal. 7,9 mm die Gewehrprüfungs-kommission nach Spandau. Mauser selbst präferierte zu dieser Zeit für den militärischen Einsatz kleinere Kaliber wie z.B. das Kaliber 6x58 bzw. 59. Weitere 2.185 Versuchs-gewehre in kleineren Kalibern folgten. Die militärischen Ent-scheidungsträger wollten jedoch im Hinblick auf die erfolgreiche Nutzung und die großen Munitions-reserven bei dem bewährten Kaliber 8x57 bleiben und orderten deshalb auch das Nachfolgeinfanterie-gewehr im Kal. 8x57. (dieses Kaliber ist keine Mauerentwicklung, obwohl es im angloamerikanischen Raum gerne als 8 mm Mauser bezeichnet wird).

Im April 1898 schließlich wurden die ersten 20 Versuchungsgewehre Mod. 1998  im Kal. 7,9 mm ausgeliefert, in der Version mit 36 mm Hülsenkopfdurchmesser und einem Laufgewinde von 28 mm Außendurchmesser.

Mauser arbeitete die Rückläufer der ausgelieferten Versuchsgewehre zu den ersten zivilen Jagdwaffen um und brachte sie auf den Markt. Diese Waffen werden als Surplus-Modelle bezeichnet und sind sehr selten.

Mauser selbst nahm also neben der militärischen Waffenproduktion unmittelbar auch eine zivile Jagd-waffenproduktion auf.

 

Ab 1898 existieren Belegstücke für die ersten heute als Zivilmauser bezeichneten Jagdwaffen. Mauser verwendete dafür Rohsysteme aus der allg. Systemproduktion, die dann im Bereich Jagdwaffen-produktion mit geringeren Toleranzen und höherer Oberflächengüte als die Systeme der militärischen Fertigung weiter verarbeitet wurden. Sie erhielten zudem andere Kammerstengel mit dem für Zivilmauser bis heute charakteristischen birnenförmigen Abschluss.

 

Alle Systeme der zivilen Produktion wurden fortlaufend durch-nummeriert. Diese Nummernfolge endet mit den Nummer 126.417 für die letzte bekannte Zivilmauser-büchse aus dem Oktober 1944.

Mauser produzierte die Systeme bzw. System-Lauf-Kombinationen auch für andere Waffenhersteller und Büchsenmacher, insbesondere in Deutschland und Großbritannien. Auch diese Systeme reihen sich in die fortlaufende Nummerierung der eigenen zivilen Jagdwaffen mit ein. Diese zur Weiterverarbeitung abgegebenen Systeme werden heute als „action only“ bezeichnet. 

Unmittelbar nach Vorstellung dieses neuen Verschlusssystems kam es zu ersten Kontakten zu den Londoner Firma Rigby, die das Potential dieses Systems erkannt hatten. Für die damals im Vereinigten Königreich und seinen Kolonien gebräuchlichen großkalibrigen und großvolumigen Jagdbüchsenpatronen war das System jedoch zu kurz. So kam es bereits 1899 zur Entwicklung des sogenannten Mauser Magnum Systems mit einem um rd. 10 mm verlängertem System. Die Firma Rigby wurde der Generalvertreter von Mauser in Großbritannien und blieb dies bis 1912. 

Um die Jahrhundertwende er-weitere Mauser die Produktion um ein Kurzsystem für die eigenen Kurzpatronen (6,5x54 Mauser, 7x54 Mauser, 8x51 Mauser). Dieses System war rd. 15 mm kürzer als das Standardsystem und wies wieder die schmale Hülse und das kleinere Gewinde der Versuchsgewehre auf.

 

In Anlehnung an das Kurzsystem entwickelte die Suhler Firma Schmidt und Habermann mit dem Mod. 21 ein eigenes Kurzsystem, welches in Abmessung und Ausführung sich am dem Mauser Kurzsystem orientierte.  

Speziell auf Wunsch der Firma Rigby wurde um die Jahrhundertwende ein weiteres System eingeführt, dass sich in der Gesamthülsenlänge nicht vom Standardsystem unterschied, jedoch eine 5mm kürzere Kammer und dementsprechend einen 5 mm nach hinter verlängerten Hülsenkopf bei Verwendung eines (längeren) 25 mm Gewindes. Dieses System wird als „Intermediate-System“ be-zeichnet. Der Vorteil liegt in einem kürzeren Repetierweg. Die Firma Rigby hat dieses System speziell für die Patrone .275 Rigby geordert, die identisch mit der Mauser Patrone 7x57 ist. Mauser selbst hat dieses System dann ebenfalls  für eigene Jagdwaffen im Kal. 7x57 verwendet. Bekannter ist das System dann jedoch durch die Verwendung in der militärischen Infanteriewaffen-produktion geworden. Mauser hat für den Exportauftrag für das türkische Militär 1903 und das peruanische Militär 1909 dieses System verwendet.

System dieser Waffen stellen heute das non-Plus-Ultra für hochwertige Jagdwaffenumbauten dar.

Speziell für die Patrone .303 British wurde dieses Intermediate-System im Auftrag von Rigby dann nochmal modifiziert. Es erhielt eine 5 mm kürzere Verschlusshülse und eine speziell für die Randpatronen .303 British gefertigten, rückwärts angeschrägten Magazinkasten. Dieses System wird als Short Intermediate-System bezeichnet.

 

Die genannten Systeme wurden zum Teil in vier verschiedenen Systemmodifikationen gefertigt. Neben den normalen System-ausführungen (runde Hülse, Daumenloch) wurden Single Square Bridge (Hülsenbrücke mit quadratischer Erhöhung) und Double Square Bridge Ausführungen (Hülsenbrücke und Hülsenkopf mit quadratischer Erhöhung) produziert, letztere wiederum in den Variationen mit und ohne Daumenloch. Die Single Square Bridge konnte dabei mit der Verriegelung für die Mauser Einhak-montage vorgesehen werden. 

Die genannten unterschiedlichen Systeme wurden mit verschiedenen Magazinformen kombiniert.

Zunächst wiesen auch die zivilen Jagdwaffen von Mauser die von den militärischen Systemen bekannten Bodengruppen mit einem nicht ohne Hilfsmittel zu öffnenden, losen Magazindeckeln auf.

In der Mitte des ersten Jahrzehnts des letzten Jahrhunderts tauchen erstmals Magazindeckel mit drehbaren Hebeln auf. Bei diesen ersten Versionen ließ sich nach linksseitigem Ausschwenken des Hebels der gesamte Magazindeckel entnehmen, eine Lagerung mit einem Scharnier gab es zunächst nicht. Denkbar ist es, dass diese Konstruktion keine mausereigene Entwicklung war, sondern vielmehr eine Entwicklung Suhler Büchsen-macher, die zu dieser Zeit Repetier-büchsen auf Basis von original Mausersystemen (action only) in großer Stückzahl fertigten. Sie ersetzten die damals ausgelieferten militärischen Magazindeckel durch diese leichter entnehmbare Variante.

Ab 1908 tauchen dann auch die mit Schwenkhebel ausgestatteten Magazindeckel mit Scharnier-lagerung auf. 

Ab Mitte der 1910er Jahre wurden dann Magazindeckel mit einem in die Abzugsbügel integrierte Drücker verbaut. (Diese waren bereits im Jahr 1909 auch bei den Infanterie-gewehren für Argentinien zur Anwendung gekommen).    

Mauser verbaute die Systeme in sieben unterschiedlichen Jagd-waffenausführungen.

 

Die Modellreihe „B“ war die häufigste und verbreitetste Büchsenvariante und zeichnete sich durch einen schlanken Nussbaum-schaft und Fischhaut nur am Pistolengriff, Lauflängen von 60 cm und birnenförmigen Kammer-stengeln aus. 

Bereits vor dem ersten Weltkrieg kamen die ersten Stutzen auf den Markt. Diese wiesen Lauflängen von 50 cm und einen Ganzschaft mit Metallabschluss und zunächst auch birnenförmigen Kammerstengeln auf. Nach dem 1. Weltkrieg wurden die Stutzen in zwei Ausführungen weiter produziert. Der bereits vor dem Krieg eingeführte Stutzen mit Ganzschaft und Metallabschluss an der Mündung erhielt nun einen Kammerstengel in Anlehnung an die Mannlicher-Schönauer-Systeme mit einem flach geschweiften Kammer-stengel („Butterknife“). Diese Variante wurde fortan als M-Modell bezeichnet. 

Daneben stand das S-Modell mit einem Ganzschaft ohne Metall-abschluss und einem heraus-gearbeiteten Schnabel im vorderen Schaftbereich. Diese Variante wurde mit birnenförmigen Kammer-stengeln produziert.

Die Modellreihe „A“ (bzw. mauser-intern auch als „E“ bezeichnet) waren die hochwertigeren Jagd-waffen, die überwiegend für den Export gedacht waren. Sie wurden kurz vor dem 1. Weltkrieg vorgestellt. Die mit diesen Waffen entwickelten stilistischen Merkmale und Proportionen sind bis heute maßgebend für den Bau exklusive handgefertigter Repetierbüchsen auf Mauser 98 Basis. Die Waffen wiesen bessere Schäfte mit Edelholzabschlüssen und Fischhaut an den Vorderschäften auf. 

Darüber hinaus gab es in den ersten Jahren des letzten Jahrhunderts auch noch das einfache Modell C. Dieses waren Jagdwaffen, die im Wesentlichen aus militärischen System- und Laufkomponenten mit einfachen Jagdschäften gefertigt wurden. 

 

Das Modell „G“ war eine voll-geschäftete Büchse mit 60 cm Lauflänge.

Das Modell „L“ war die African-Rifle mit 70 cm Läufen, wahlweise auch mit Handschutz auf dem Lauf.

Neben den Original-Zivilmauser-büchsen der Mauser Waffenwerke Oberndorf hatten bereits vor dem 1. Weltkrieg alle namhaften Jagd-waffenproduzenten Repetier-büchsen auf Basis originaler Mauser 98 Systeme (action only) im Programm (Sauer&Sohn Suhl, Krieghoff, Merkel, Greifelt und andere).

Aber auch die meisten anderen Büchsen auf 98-Basis aus dieser Zeit stammten aus Suhl, wo andere Händler sich ihre Waffen (gleich mit Händlersignatur) fertigen ließen. 

Neben einfachen Ausführungen mit runden Läufen waren in dieser Zeit insbesondere die von diesen Her-stellern gefertigten hochwertigen Ausführungen stilprägend. Sie waren häufig mit Läufen aus-gestattet, die eine achtkantige in rund übergehende Laufkontur aufwiesen. Diese Läufe waren aus dem vollen Rohling gefräst, also Schiene, Kornsattel und Laufhaken für die Verriegelung im Vorderschaft wurden aus dem „Vollen“ gefräst. 

Diese Repetierbüchsen stellen bis heute hinsichtlich ihrer fertigungs-technischen und handwerklichen Ausführungen den Zenith des Repetierbüchsenbaus dar.

Nach dem 1. Weltkrieg stellten viele Hersteller ihre Repetierbüchsen-produktion auf die nun zahlreich und kostengünstig zur Verfügung stehenden Mausersysteme militärischen Ursprungs um (z.B. Sauer&Sohn Suhl). 

 

Quellen:

Frères, G. 1998: Mauser-Gewehr 98 - Das Jahrhundertwerk. DWJ 1/98 – 4/98.

Speed, J., Schmid, W. und Herrmann, R. 1997: Original Oberndorf Sporting Rifles. Collector Grade Publications.

Speed, J. 2007: The Mauser Archive. Collector Grade Publications.

bottom of page